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Truhn, Hieronymus: A. Lortzing’s Oper „Czaar und Zimmermann“, in: NZfM 10 (1839/1), Nr. 23, 19. März 1839, S. 90-91
A. Lortzing’s Oper „Czaar und Zimmermann“, die in Leipzig entstanden, zuerst aufgeführt und bei Breitkopf u. Härtel im Clavierauszuge erschienen ist: – ging am 4. Januar bei vollem Opernhause pour la première répresentation in Scene und fand, was seit lange keiner neuen deutschen Oper passirte, unbedingten Beifall. Und das mit Recht, denn sowohl das geschickt und effectvoll bearbeitete Sujet, (vom Componisten und Rob. Blum) als auch die melodiöse, oft wahrhaft humoristische Musik, die sich durch natürlichen Fluß der Gedanken, Sangbarkeit und eine discrete, gewandte Instrumentation, die fast nirgends die Singstimmen verdeckt, auszeichnet – mußte den Beifall eines unparteiischen Publicums herausfordern.
Werden denn die Machthaber nicht endlich einsehen, daß die Musik recht eigentlich die Kunst ist, in der es bis jetzt keine Nation der deutschen zuvorgethan, während ein Gleiches von Malerei und Poesie schwerlich zu behaupten wäre. Wird man sich nicht endlich vor Frankreich schämen, dem man Alles, nur das Treffliche nicht, nachäfft? wird man den Rest von Nationalstolz nicht endlich mit dem Genie deutscher Tonkunst fermentiren lassen und für alle deutschen Lande jenes Gesetz in Kraft setzen, durch das so viele mittelmäßige Talente Frankreichs zu Ruf, Ehre und Geld gelangen? Talente, die im lieben Deutschland in den meisten Fällen kaum dem Namen nach bekannt werden dürften. Wird der deutsche Bundestag nicht auch nach dieser Seite seine segensreichen Schwingen ausbreiten?
Ich höre sagen, das Gesetz mit dem Tantieme für Dichter und Componisten wäre wegen der verschiedenen Verfassungen deutscher Staaten, den verschiedenen Münzfüßen, den verschiedenen Theatereinrichtungen sehr umständlich einzuführen. Sehr umständlich, – also doch nicht unmöglich, denn sonst wäre kein Wechselgeschäft führbar, kein Zollverband denkbar. Aber die verächtliche Lauheit, die Schlaffheit in Allem, wo es gilt, für deutsche Kunst und Nationalruhm was Rechtes zu thun, läßt euch nicht dazu kommen! Ihr steckt euch den französischen und italienischen Opernschnickschnack in die Ohren, um so gut hören zu lernen wie Midas. Ihr verderbt euch an dem Haut-gout der Pariser Opernküche so sehr die Gaumen, daß ihr gar keinen Sinn und Geschmack mehr habt für ein gesundes deutsches Gericht. Für diesmal – halt!
Die Oper unsers Landsmann’s fand lebhaften Beifall; wäre er zugegen gewesen, man hätte ihn unzweifelhaft auf die Scene gerufen. Vorzugsweise gefielen die Chöre, das Männersextett und die Romanze des Czaaren, das Duo zwischen Iwanow und Marie und das Finale des letzte Actes. Alle Mitwirkende[n] spielten und sangen mit Liebe und Lebendigkeit. Auszuzeichnen sind die Herren Zschiesche, Blume, Bader und Mantius und vor allem Dlle. Grünbaum, die mit dem ganzen Reiz ihres liebenswürdigen Naturells die [/91] Rolle der Marie ausstattete. Die Oper wird sich auf dem Repertoir erhalten.
Aus Prag, in: NZfM 10 (1839/1), Nr. 30, 12. April 1839, S. 118-119
Die letzten Monate des verflossenen Jahres brachten an Opern: 1) „Die beiden Schützen“ von Lortzing; 2) „Der Alchymist“ und dann Donizetti’s „Lucia di Lammermoor“. – Den Erfolg der ersten dieser Opern habe ich bereits oben angedeutet(1). Uebrigens lernten wir in Lortzing einen Componisten kennen, der es verschmäht, die breite Bahn italienischen Melodieengeklingels und den holperigen Weg bizarrer Rhythmen und Harmonieenfolgen zu wandeln. Die Instrumentation ist nicht ohne Interesse; die Melodieen waren zwar nicht durchweg originell, doch geschickt gewählt. Allein dem Ganzen fehlt jene pikante Vertheilung von hellen und dunkeln Farben, die in mehren neuen Werken manches Flache und Verfehlte geistreich genug verdeckt. Auch ist der, einem ältern Lustspiele nachgebildete, mit einer Unzahl von Personen überladene Text nicht ganz geeignet, das Interesse durch mehr als 2 ½ Stunde festzuhalten. […]
(*1) Der erste Teil dieses Korrespondentenberichtes aus Prag war in der vorhergehenden Nummer (Nr. 29, 9. April 1839, S. 114-115) erschienen; dort hatte der Rezensent erwähnt, dass beim ersten Erscheinen der Sängerin Clara Novello in der Prager Oper „’die beiden Schützen’ zum zweiten und letzten Male gegeben“ (S. 114) worden seien.
Lorenz, Oswald: [Rezension] II. Die beiden Schützen, kom. Oper in 3 Acten von Alb. Lortzing. Leipzig, Jul. Wunder. 6 Thlr., in: NZfM 10 (1839/1), Nr. 38, 10. Mai 1839, S. 151
Es ist dies die frühere der beiden hier mit Beifall gegebenen Opern des talentvollen Regisseurs unserer Oper, dessen „Czaar und Zimmermann“ sich bekanntlich auch in Berlin verdiente Anerkennung erworben. Ueber die Musik im Allgemeinen haben wir dasselbe Urtheil zu fällen, das wir bei der Besprechung des Clavierauszuges der letztern Oper aussprachen. Wir finden hier dieselbe Natürlichkeit und Reinlichkeit des Satzes, den gemüthlichen Humor, die gewande, bühnengerechte, formelle und scenische Abrundung, die den erfahrenen Schauspieler und Operisten beurkundet. Wenn wir aber dort hauptsächlich die größern, scenisch wirksamen Ensemblestücke hervorzuheben hatten, so bietet sich hierzu in der gegenwärtigen Oper allerdings weniger Gelegenheit, und hierin, wie in dem allgemeineren Interesse des Stoffes ist wohl hauptsächlich der Grund der schnelleren und weit ausgebreiteteren Geltung zu suchen, die sich die spätere Oper erworben. Die Handlung ist ein gemüthliches mit heiteren und komischen Situationen reichlich ausgestattetes Familiengemälde, welche letztere namentlich der Componist mit besonders glücklichem Humor auszumalen und den Darstellenden recht mundgerecht zu machen verseht. Nicht minder glücklich ist er im Ausdruck des Liedermäßigen, und die dahin einschlagenden Nummern gehören gleichfalls zu den gelungensten der Oper. Dagegen sind die eigentlichen Arien und andere Solostücke, in denen die Musik, weniger von einer lebhaft drängenden Handlung unterstützt, mehr auf ihre eigene Geltung angewiesen ist, von geringerer Bedeutsamkeit; sie entbehren der Originalität der Erfindung und lassen eine gewisse Monotonie in der Form und Structur fühlbar werden. So z. B. die Tenorarie im 2ten Act (Nr. 7), eine Sopranarie (Polacca) im 3ten (Nr. 10), auch das Quartett Nr. 12, in welchem die 4 Stimmen, wo sie zusammenkommen, zu chormäßig massenhaft behandelt sind.
Wenn wir oben sagten, daß die Oper weniger durch große vielstimmige Sätze sich auszeichne, so gilt dies nur von der Zahl und Masse; die tüchtigsten und wirksamsten Nummern gehören auch in ihr in diese Gattung. Vor allem ist das Septett N. 14 als gleich dramatisch effectreich wie musikalisch bedeutsam und sodann die drei Finale’s hervorzuheben, namentlich das 2te; und hierin namentlich in dem Concentriren der musikalischen und dramatischen Effectmittel auf den entschiedensten Punct und dem Verlegen eines der wirksamsten Stücke kurz vor den Schluß, ist die bedachtsame Umsicht des erfahrenen Bühnenkünstlers leicht zu erkennen. – Durch sehr stimmgerechte Behandlung des Gesanges und leichte Spielbarkeit der Pianofortestimme empfiehlt sich Dilettantenvereinen dieser Clavierauszug, dessen Correctur indessen hier und da einiges zu wünschen läßt. –