NZfM 13 – 1840/2

Gutenbergfest in Leipzig (gez. 12.), in: NZfM 13 (1840/2), Nr. 2, 4. Juli 1840, S. 7-8

[…] Zur Vorfeier, Dienstag Abend, hatte Hr. Albert Lortzing eine neue komische Oper „Hans Sachs“ geschrieben, die die früheren desselben Componisten an Frische, Leichtigkeit und Lieblichkeit noch übertreffen soll. Referent selbst konnte der Vorstellung nicht beiwohnen. Die Aufführung soll aber höchst erfreulich gewesen sein, und hat dem Componisten reichen Lohn gebracht. Mehre Nummern wurden Da Capo verlangt, und Beifall durch Kränzewerfen und Hervorruf blieben nicht aus. Es steht uns in den nächsten Tagen eine zweite Aufführung bevor.


Hans Sachs. Oper in 3 Acten v. A. Lortzing. Text nach Deinhardtstein von Reger (gez. 11.), in: NZfM 13 (1840/2), Nr. 6, 18. Juli 1840, S. 24

Diese neuste Oper Lortzing’s wurde zum ersten Male als Festoper am Vorabende der Jubelfeier der Buchdruckerkunst aufgeführt und ist seitdem zwei Mal wiederholt worden. Wenn in dem Buche das komische Element so entschieden überwiegt, daß das ernstere, Sachs’ Liebe mit ihrem Leid und Glück zwar nicht als Nebensache, doch nur als faden für eine Reihe meist heiterer und komischer Scenen erscheint, so beweist dies wie gut der Componist seine stärkern und schwächern Seiten kennt. In der That sind seine lächerlichen Verwirrungsscenen, seine Weiberzänkereien, seine parodirenden Gegensätze höchst ergötzlich, und namentlich sind die letztern ein, von ihm mit kluger Vorliebe und meist sehr glücklich angewendeter Kunstgriff. In unserer Oper gibt dazu theils der liebelnde und dichtelnde Schusterjunge als linkisches und lächerlich-verjüngtes Spiegelbild seines Meisters, theils ein reichsbürgerlicher Dümmling Gelegenheit, der mit Sachs um den Dichter- und Liebespreis ringt. Oft hat man wie in einem zärtlichen Doppelduett in 2 Lauben, Original und Parodie gleichzeitig vor Augen, oder die letztere folgt dem ersten auf dem Fuße mit spaßhafter Treue in Einzelheiten, wie in dem Wettstreit des Dichters und des reimenden Philisters. Die Instrumentation zeigt sich dabei fortwährend geschäftig, zuthulich und greift Einzelheiten der Handlung mit der flinken Behändigkeit eines lustigen Kerls auf, der die Erzählung eines Andern mit possenhafter Uebertreibung in Mienen und Geberden begleitet. Einer minder entschiedenen Wirkung sich bewußt, bestrebt sich in Darstellung ernster Scenen und Situationen die Musik, allen Eclat vermeidend und den Darstellenden, denen sie somit nicht ohne Hinterlist einen Theil der Verantwortlichkeit zuschiebt, die Wege ebnend, sich zweckmäßig und geschmeidig den Worten und der Handlung anzuschließen. Die wenigen blos ernsten Scenen sind übrigens so geschickt vertheilt unter die komischen, daß sie einestheils an sich durch den Contrast bedeutender scheinen, als sie eigentlich sind, und anderntheils durch Abwechslung zur Hebung jener wesentlich beitragen. – Trotz der nicht in allen Parteien genügenden Ausführung erfreute sich die Oper auch bei der dritten Aufführung eines energischen Beifalls. Auszuzeichnen unter den Darstellenden waren Hr. [August] Kindermann (Sachs) und Hr. [Heinrich Maria] Schmidt (Schusterjunge). –

NZfM 14 – 1841/1